Abschiebungen von Kindern und Jugendlichen

Schüler*innen des Oberstufenrealgymnasium Anton-Krieger-Gasse in Wien protestieren gerade gegen die bevorstehende Abschiebung einer Schulkollegin nach Serbien. Organisationen wie die Volkshilfe Wien und die “Aktion kritischer Schüler_innen” haben sich dem Protest angeschlossen und eine Petition gestartet. Das Gratisblatt “heute” hat darüber berichtet.

Im Jänner 2021 gab es lautstarke Proteste gegen die Abschiebung von Schüler*innen nach Georgien und Armenien. Verfolgt man diese Medienberichte, könnte man den Eindruck gewinnen, Abschiebungen von Kindern und Jugendlichen seien absolute Einzelfälle, die nur ein, zwei Mal im Jahr vorkommen. Das ist aber nicht der Fall, wie die Statistiken zu 2020 und aktuelle Zahlen zu Abschiebungen 2021 zeigen.

Das Innenministerium gibt in einer aktuellen parlamentarischen Anfragebeantwortung an, im Zeitraum Jänner bis August 2021 14 Kinder und Jugendliche abgeschoben zu haben. Wohin, weiß man wie immer zum größten Teil nicht, weil das Innenministerium in allen Beantwortungen immer nur die “Top Ten”-Länder anführt. Fakt ist, es wurden bis zum Sommer 14 Minderjährige abgeschoben. Dazu kommen noch 30 Minderjährige, die im Rahmen der “Dublin-Verordnung” in andere EU-Länder überstellt wurden.

Anfragebeantwortung des BMI 7574/AB vom 27.10.2021

 

Für das Jahr 2020 (das Jahr, in dem der Flugverkehr über Monate beinahe vollständig zum Erliegen kam!) gibt es genauere Zahlen. Letztes Jahr wurden 67 Kinder und Jugendliche abgeschoben, der Großteil davon waren georgische Staatsbürger*innen. Zusätzlich wurden noch 49 Minderjährige im Rahmen der Dublin-Verordnung in andere EU-Länder überstellt.

Anfragebeantwortung BMI 4901/AB vom 11.3.2021

13 Minderjährige wurden 2020 in Schubhaft angehalten, 11 davon waren unbegleitete Minderjährige!

 

Diese Zahlen, so erschreckend sie sind, sind allerdings Zahlen aus Pandemiejahren. Der Flugverkehr war 2020 über viele Monate fast vollständig eingestellt und bis heute gibt es Schwierigkeiten und Restriktionen bei der Einreise in manche Länder. Das betrifft auch die Schubhaft und Abschiebungen. Das BMI schreibt deswegen in der aktuellen Anfragebeantwortung:

“Die Zahlen von 2021 und 2020 sind aufgrund der COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen Herausforderungen nicht mit den Vorjahren vergleichbar.”

Das stimmt. 2019 wurden 105 Minderjährige abgeschoben, für die Jahre davor gibt es keine Daten, weil die Zahlen offiziell erst seit 2019 nach Männern, Frauen und Minderjährigen aufgeschlüsselt werden. Ich beobachte seit mehreren Monaten, dass die Abschiebemaschinerie wieder massiv hochgefahren wird. Wir werden wohl bald wieder die Zahlen von vor der Pandemie erreichen.

Abschiebungen von Kindern und Jugendlichen sind also bei weitem keine Einzelereignisse oder Extremfälle, sondern finden regelmäßig statt. Die meisten Kinder und Jugendlichen, die davon betroffen sind, haben aber keine laute Zivilgesellschaft im Rücken oder Medienkontakte, die ihren Fall in die Zeitung bringen könnten. Umso wichtiger ist es, dass Schulkolleg*innen, Freund*innen, Lehrer*innen, Unterstützer*innen diese Kontakte nutzen um solche Fälle öffentlich zu machen.