Ich hab mich auf eine Spurensuche gemacht. Und das kam so: Der Standard hat gestern einen Artikel unter dem Titel “Winterfeste Zelte aus Österreich für Flüchtlinge auf Lesbos aufgestellt” gepostet.
In dem Artikel befindet sich oben stehendes Foto vom BMI mit den geschickten Containern – die Bildunterschrift, wonach das Foto aus Lesbos ist, wurde inzwischen geändert und auf Twitter hat Doro Blancke nachgefragt, woher das Foto eigentlich stammt und wo die Container jetzt sind. Ich hab vor ca. einem Jahr begonnen, mich mit Open Source Intelligence und Geolocation zu beschäftigen und dachte, das ist eine gute Lockdownbeschäftigung. Wäre doch gelacht, wenn sich nicht herausfinden ließe, wo das Foto aufgenommen wurde. Ganz so einfach war’s dann nicht, aber ich hatte Hilfe von wunderbaren Leuten aus der OSINT community und wir haben den Standort gefunden, an dem das Foto gemacht wurde – nämlich ziemlich weit weg von Lesbos, an der bulgarisch-griechischen Grenze im Camp Kleidi.
Für alle, die’s interessiert, erklär ich hier noch, wie wir das gemacht haben:
Das Foto ist nicht aus KaraTepe – soviel ist klar. Aber wir können mal davon ausgehen, dass es in Griechenland ist. Und dass das Camp relativ neu ist, weil es sehr aufgeräumt und leer aussieht. Das erste was ich gemacht hab, war eine Reverse Image Suche, mit der gesucht wird, ob das Bild oder ähnliche Bilder schon mal woanders aufgetaucht sind. Leider nein. Bestätigen konnte ich mit der Suche allerdings, dass es sich wirklich um die Container aus Österreich handelt (und das ist ja auch schon was).
OK, what next? Ich hab mit Google nach neuen Camps in Griechenland gesucht und ein Containercamp in Samos gefunden. Wär ja zumindest in der Nähe von Lesbos. Google maps hat allerdings gezeigt, dass sich das Camp auf einer großen freien Fläche befindet und das Foto zeigt ja einen schmalen Streifen mit Erhebungen rechts und links. Also wieder nix.
Klaus Schwertner hat inzwischen auf Twitter gemeint, die Container könnten noch dort stehen, wo sie hingeliefert wurden. Gut – eine Suche ergab, dass die Container von Österreich aus mit dem Zug angeliefert wurden. Der Grenzübergang der Bahn befindet sich in der Nähe von Kulata – also vielleicht ein Camp an der Grenze? Eine Googlesuche hat mich dann zu einer Seite geführt, auf der alle griechischen Camps aufgelistet sind. Und es gibt tatsächlich ein Camp an der bulgarisch-griechischen Grenze, das im März 2020 eröffnet wurde.
Auf Google earth (https://bit.ly/36p2WQ9) sieht man dann auch, dass es dort genauso aussieht, wie auf dem Foto. Google earth hat natürlich keine aktuellen Satellitenbilder, deshalb stehen dort auch noch Zelte, aber der schmale Streifen ganz hinten sieht sehr passend aus. Eine Bildersuche nach dem Camp ergab dann noch Bilder von Getty Images (https://www.gettyimages.at/…/the-closed-camp…/1207930478) auf denen man das Camp und den freien Streifen gut erkennen kann. Ich hab dann noch auf google earth den Streifen nachgemessen (Breite: 22,5 Meter) und gegoogelt, wie breit so ein Container ist, um die Breite auf dem Foto nachmessen zu können – kommt hin.
Ein Journalist aus meiner Twitter-OSINT-bubble hat dann noch mit Hilfe der Sonnenkollektoren auf dem Foto festgestellt, dass das Foto aus nord-östlicher Richtung aufgenommen wurde, was den Standort auch bestätigt. Leider konnten wir keine aktuellen Fotos des Camps finden, auf dem die blauen Container zu sehen sind. Aber ich glaube, man kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass zumindest ein Teil der österr. Container an der bulgarisch-griechischen Grenze gelandet sind – in einem Camp, in dem Menschen festgehalten werden, bevor sie abgeschoben werden. (https://www.humanrights360.org/…/During-After-Crisis…)