Die Rückkehrberatungseinrichtung Fieberbrunn

Foto: Sambukandama – CC BY-SA 4.0

Es gab bis zum Ausbruch der Pandemie 2020 drei Rückkehrberatungseinrichtungen, in denen abgelehnte Asylwerber*innen untergebracht und “auf die freiwillige Rückkehr vorbereitet werden sollen”: Schwechat, Fieberbrunn in Tirol und Bad Kreuzen in Oberösterreich (90 Plätze für Familien), zur Zeit sind nur mehr 2 in Betrieb (Tirol und Bad Kreuzen) – der Standort Schwechat wird derzeit als Quartier für die Heimquarantäne von Neuantragsstellern genutzt.

Laut BMI dienen die Rückkehrberatungseinrichtungen „zur Optimierung und Steigerung der Bereitschaft zu einer eventuell freiwilligen Ausreise“. Die Personen sollen dort Beratung zur Rückkehr erhalten, „um sie so zu unterstützen, ihrer rechtskräftigen Ausreisverpflichtung nachzukommen“.

Die Zuweisung in eine Rückkehrberatungseinrichtung des Bundes erfolgt durch das BFA. Dieses stellt einen Mandatsbescheid aus. Mit Zustellung beginnt die gesetzlich vorgesehene Frist von 72 Stunden, in der sich die Person in der Rückkehrberatungseinrichtung einfinden muß.

Die Rückkehrberatungseinrichtungen sind keine Gefängnisse – die Menschen können sich dort und im Bezirk frei bewegen. Es besteht allerdings eine Wohnsitzauflage (gemäß §57 Abs.1 FPG) Befolgt man die Wohnsitzauflage nicht, (kommt also der Aufforderung, nach Fieberbrunn zu gehen, nicht nach), so begeht man eine Verwaltungsübertretung (Geldstrafe von 100 bis 1000 Euro oder Freiheitsstrafe bis zu 2 Wochen beim ersten Mal). Neu ist seit 2019, solche Verwaltungsstrafverfahren automatisiert (und damit auf jeden Fall) eingeleitet werden, wenn man sich nicht fristgerecht im jeweiligen Quartier meldet oder von dort unerlaubt fernbleibt. Ein Nichtbefolgen der Wohnsitzauflage kann außerdem dazu führen, dass das BFA Fluchtgefahr annimmt und so laut BMI „auch die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung möglich ist.“

Rückkehrberatungseinrichtung Fieberbrunn

Foto: Doris Schneidtinger

Die Rückkehrberatungseinrichtung Fieberbrunn liegt auf 1250 Meter Seehöhe in der Nähe des Bürglkopf, ca. 10 km entfernt vom Ortsgebiet von Fieberbrunn. (Trixlegg 12, 6391 Fieberbrunn) Die letzten 4 oder 5 Kilometer vom Ort hinauf ins Quartier sind unbefestigter Forstweg durch den Wald.

Am 1.11.2017 wurde das Quartier zur Rückkehreinrichtung. Es gab im Dezember 2019 Kapazitäten für 140 Personen. Neuere Zahlen gibt es nicht.

Betreiber der Einrichtung ist seit 2015 die Schweizer ORS Service GmbH, die alle Bundesquartiere betreibt.

2018 wurde 542 Menschen mittels Wohnsitzauflage aufgetragen, nach Fieberbrunn zu gehen. 84 Personen sind dem nachgekommen und nach Fieberbrunn gegangen. (15%)

2019 haben 486 Personen eine solche Wohnsitzauflage bekommen, nur 64 sind dieser auch nachgekommen. Das sind 13%.

Mit Ende September 2020 befanden sich 25 Personen aus 12 verschiedenen Ländern in Fieberbrunn, die meisten aus dem Iran, dem Irak und China (je 4).

Ausreisen und freiwillige Rückkehr

Von den 65 Personen, die im 1. Halbjahr 2019 dort waren, sind 16 Personen freiwillig ausgereist (in den Irak, den Iran, Nigeria, die Russ. Föderation, Sierra Leone und Somalia). 2 Personen wurden im März 2019 nach Georgien abgeschoben.

2020 sind aus allen Rückkehrberatungseinrichtungen 6 Personen freiwillig ausgereist. Es muss also schon die Frage gestellt werden, wie sinnvoll solche Quartiere und das System dahinter sind, wenn nicht mal der vordergründige Sinn erfüllt wird – nämlich Menschen zur freiwilligen Rückkehr zu überreden.

Dauer der Unterbringung

Zum Stichtag 1.12.2019 gab es 3 Personen, die schon über ein Jahr lang dort waren. Eine Person aus Indien seit 472 Tagen, eine Person aus dem Iran 397 Tage und eine Person aus Gambia 389 Tage. Die anderen Personen waren zum Stichtag durchschnittlich seit 70 Tagen dort. Eine neuerliche Anfrage im Herbst 2020 (Stichtag 11.9.2020) ergab, dass sich daran nicht viel geändert hat. Von 2019 bis September 2020 waren 166 Personen in Fieberbrunn untergebracht. Davon 9 über ein Jahr lang. Sehr viele über 200 Tage. Und das, obwohl nach einer Überprüfung des Quartiers durch BMI und UNHCR die Empfehlung ausgeprochen wurde, Personen nicht länger als 6 Monate in Fieberbrunn unterzubringen.

 

Änderungen nach dem Hungerstreik 2019

2019 gab es in der Einrichtung einen Hungerstreik, nach dem einige Änderungen versprochen wurden. U.a. werden jetzt Familien mit schulpflichtigen Kindern nicht mehr in Schwechat oder Fieberbrunn untergebracht, sondern in der neuen Bundesbetreuungseinrichtung Bad Kreuzen. Als weitere Maßnahme wurde aufgrund der abgeschiedenen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichbaren Lage der Rückkehrberatungseinrichtung Fieberbrunn Transportmöglichkeiten ins Ortszentrum so ausgebaut, dass künftig alle Bewohnerinnen und Bewohner täglich aus mindestens drei Fahrten nach Fieberbrunn wählen und auch länger dortbleiben können. Die letzte Retourfahrt von Fieberbrunn in die Betreuungseinrichtung findet künftig um 17 Uhr statt.

Auch das BMI hat damals in Zusammenarbeit mit dem UNHCR Empfehlungen ausgearbeitet. Im November 2020 haben die NEOS mittels parl Anfrage nachgefragt, in wie weit diese Empfehlungen umgesetzt wurden. Die Antworten sind teilweise an Zynismus kaum zu übertreffen:

Frage zu BMl-Empfehlung Nr. 9: “Es wird empfohlen, das ORS-RÜBE-Betreuungskonzept in der jetzigen Form in Hinblick auf Zweck und Erfolg zu evaluieren und ggfs. zu ändern. Überlegt werden könnte, Aktivitäten und Freizeitangebote gemeinsam mit den Bewohnern und unter Berücksichtigung ihrer Wünsche zu planen.” Wurde diese Empfehlung umgesetzt?

Antwort: (Es) wurde gemeinsam mit dem Betreuungsunternehmen ORS Service GmbH ein Konzept für sämtliche Rückkehrberatungseinrichtungen erstellt, welches seit März 2020 zur Anwendung kommt. Die Schwerpunkte liegen dabei auf diversen Workshops betreffend die Erleichterung des Wiedereinstiegs in das Alltagsleben im Heimatland sowie Sprachunterricht in der Muttersprache, um die untergebrachten Personen bestmöglich auf ihre baldige Rückkehr vorzubereiten.

 

 

 

Quellen:

Parlamentarische Anfragen und Beantwortungen:

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/AB/AB_03837/imfname_764733.pdf

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_00133/imfname_776907.pdf

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/BR/AB-BR/AB-BR_03235/imfname_706371.pdf

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/BR/AB-BR/AB-BR_03235/imfname_706373.pdf

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/BR/AB-BR/AB-BR_03306/imfname_725494.pdf

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_00873/imfname_791117.pdf

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_03339/imfname_846585.pdf

UNHCR Empfehlungen:

https://www.unhcr.org/dach/at/36189-unhcr-empfehlungen-zur-unterbringung-von-asylsuchenden-in-den-bundesbetreuungsstellen-fieberbrunn-und-schwechat.html

BMI Empfehlungen:

https://www.bmi.gv.at/bmi_documents/2380.pdf

Presse:

https://www.vienna.at/asylquartier-in-wien-schwechat-kuenftig-fuer-freiwillige-rueckkehrer/5526071

https://www.nachrichten.at/oberoesterreich/asyl-rueckkehr-beratungszentrum-in-bad-kreuzen-eingerichtet

https://www.derstandard.at/story/2000104898842/acht-fluechtlinge-in-fieberbrunn-sind-weiter-im-hungerstreik)

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20191121_OTS0017/menschenrechtliche-ueberpruefung-der-rueckkehrberatungseinrichtungen-durch-innenminister-peschorn

Bundesministerium für Inneres:

https://www.bmi.gv.at/303/behoerden.aspx

Rechnungshofbericht Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl 2019

https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Asyl_2019_46.pdf